Einleitung
Deutschland ist heutzutage ohne Zweifel ein Einwanderungsland und gerade die Vielfalt, die die Gesellschaft so prägt, ist mitverantwortlich für den Erfolg Deutschlands in der Welt. Diese Vielfalt anzuerkennen und zu nutzen ist unser aller Verantwortung. Die gesellschaftliche Anerkennung von Unterschieden schafft die Basis für gemeinsamen Erfolg und die Grundlage für eine soziale Gemeinschaft. Ohne eine gleichberechtigte Teilhabe aller Mitglieder in einer Gesellschaft ist die Identifikation mit ihr nur schwer möglich. Dabei geht es nicht nur darum Brücken zu bauen, sondern durch gemeinsames Engagement so zusammenzuwachsen, dass irgendwann auch diese Brücken nicht mehr notwendig sind, da sich alle als Teil eines großen Ganzen begreifen. Unterschiede werden zum Teil der gemeinsamen Alltagskultur und schließlich zum eigenen Bestandteil der kulturellen Identität des Landes. Die vorrangige Aufgabe der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein ist es, diesen Prozess zu begleiten und durch ihr Engagement nach Möglichkeit zu beschleunigen.
Es ist Fakt, dass Deutschland mittlerweile die neue Heimat der hier dauerhaft lebenden nicht-deutschstämmigen Bevölkerung ist und es auch kein irgendwie geartetes „Zurück“ geben kann und wird. Dass beidseitige Fehler in der Vergangenheit gemacht wurden, die diesen Integrationprozess verlangsamt haben, ist bekannt und alle sind verpflichtet, daraus zu lernen. Nichtdestotrotz ist die überwältigende Mehrheit inzwischen in der Mitte dieser Gemeinschaft angekommen und bekennt sich ohne Wenn und Aber zur deutschen Gesellschaft und Rechtsordnung. Gerade deshalb müssen aber auch Teilhabechancen an der Gestaltung der Zukunft ausgebaut werden, um diesem Prozess gerechtet zu werden und die Menschen an die deutsche Gesellschaft langfristig zu binden. Wer sich nämlich nicht anerkannt, respektiert und eingebunden fühlt, wird sich ohne Zweifel auf Dauer nicht als Teil dieser Gesellschaft sehen können. Diesem Umstand weiter vorzubeugen, ist unser aller Aufgabe und verlangt ein Aufeinanderzugehen und nicht ein Aneinandervorbeireden, wie dies in der Vergangenheit allzu oft geschehen ist. Es ist sicher, dass nahezu alle Einwanderer von der Mehrheitsgesellschaft und der Politik als ein gleichberechtigter Teil dieser Gesellschaft anerkannt werden wollen und alle, die dieses in Frage stellen, ignorieren die gesellschaftliche Realität. Der oft im Raum schwebende Vorwurf, dass sowohl die bisherige Integrationspolitik des Staates als auch die Integrationsbereitschaft der Migrant_innen diesem Anspruch nicht gerecht werden konnten und mehr auch nicht zu erreichen sei, darf kein Grund dafür sein, sich mit dem bisher erreicht zufrieden zu geben. Auch in Zeiten, wo die Integrationspolitik sehr festgefahren zu sein scheint, ist es nicht geboten, auf offene und ehrliche Diskussionen zu verzichten. Kritikfähigkeit muss sowohl auf Seiten der Mehrheit als auch Minderheit stetig gepflegt werden, da nur so die Erkenntnisfähigkeit erhalten bleibt, die erwünschte Fortschritte erst ermöglichen. Dass diese Fortschritte teils nur schleppend erzielt wurden, konnte in den letzten 50 Jahren hinreichend beobachtet werden, doch es hat sich vieles verändert, was aber gerne, sofern es politisch oppurtun ist, ignoriert anstatt honoriert wird. Es ist mittlerweile klar, dass sich weder ein System noch Menschen von heute auf morgen ändern können, wie es manchmal erwünscht wird, doch ist dies der menschlichen Natur geschuldet und nicht etwa mangelndem Willen oder Engagement. Glücklicherweise hat sich das Klima in Integrationsdebatten insgesamt gebessert und es wurden viele positive Veränderungen in Gang gebracht. Deutschland ist mittlerweile ohne Frage ein anerkanntes Einwanderungsland und demografische Zahlen belegen unmissverständlich, dass Migrant_innen bei der künftigen Gestaltung dieser Gesellschaft eine große Rolle spielen werden. Überspitzt formuliert könnte man auch behaupten, dass der künftige Erfolg oder Misserfolg Deutschlands maßgeblich von der Einbindung der Einwander_innen abhängen wird. Dabei ständig auf eine angeblich mangelnde Integrationsbereitschaft der Migrant_innen zu verweisen, wird dieses Problem nicht lösen, da unter dieser Prämisse den langfristig größten Schaden nicht etwa die Einwander_innen, sondern die einheimische Bevölkerung davon tragen wird. Ohne die Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft der Mehrheitsbevölkerung zu erhöhen, wird es auf lange Sicht hin keinen Erfolg geben können.
Die Rolle der Türkischen Gemeinde
Die Türkische Gemeinde sieht sich in diesem Prozess als Vermittlerin zwischen allen Parteien und hat sich ihm vollends verschrieben. Wichtig ist ihr, positive Eigenschaften der neuen Heimat mit mitgebrachten und bewährten Werten zu verbinden. Sie ist sich bewusst, dass es nicht möglich ist, langfristig mit Erfolg in zwei Parallelwelten zu leben. Die Prämisse lautet daher nicht mehr zwischen Stühlen, sondern gleichzeitig auf zwei Stühlen zu sitzen, die mit der Zeit zu einem verschmelzen werden. Weiterhin ist auf diesem Weg die Erkenntnis unverzichtbar, dass jegliche positive Entwicklung nur mit ausreichender Sensibilität und Respekt vor allen Parteien nachhaltig erzielt werden kann. Wer Anerkennung und Gleichberechtigung fordert, muss dieses vorleben, um andere davon zu überzeugen. Andererseits muss sich auch die Mehrheitsgesellschaft freiwillig auf Neues einlassen anstatt mit häufig unbegründeter Skepsis vor Fremdem der Integration entgegenzutreten.
Einwander_innen sind schon in vielen Lebensbereichen unverzichtbar und Deutschlands wirtschaftliche Entwicklung der letzten 50 Jahre wäre ohne sie unmöglich gewesen. Migrant_innen bilden ein vielfältiges Netzwerk und haben eine große Bedeutung für die Wirtschaftskraft und den Konsum. Sie sind ein gutes Stück Deutschlands und wollen das auch sein. Die Türkische Gemeinde möchte mit ihren Partner_innen dazu beitragen, dass Schleswig-Holstein und damit auch Deutschland in den kommenden Jahren noch chancenreicher und erfolgsversprechender wird. Chancen und Erfolg stehen nämlich allen Bürger_innen Deutschlands zu. Langfristig ist es wichtig zu erkennen, dass sich mit der erfolgreichen Integration der großen Mehrheit der Einwander_innen auch Migrationsselbstorganisation in ihrer Mission mit verändern müssen. Das Ziel dabei ist letztlich, dass derartige Organistionen in ihrer jetzigen Form nicht mehr notwendig sein sollten, da ihre Visionen verwirklicht wurden. Ob dies jemals gelingt, ist natürlich nicht sicher. Gewiss ist, dass es noch großer gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen bedarf, um in die Nähe dieses Ziels zu gelangen.
Bildung, Ausbildung und Beruf
Einleitung
Prinzipiell ist Integration eine Bildungs- und Ausbildungsfrage und ohne Erfolg in diesem Bereich ist es kaum möglich, Einwander_innen in die Berufswelt zu integrieren. Ohne eine adäquate berufliche Integration werden jegliche andere Integrationserfolge massiv  erschwert. Investitionen in Bildung sind Zukunftsinvestitionen und Antrieb für Wachstum, Beschäftigung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine erfolgreiche Partizipation von Einwander_innen ist für die Bewältigung des demografischen und gesellschaftlichen Wandels von zentraler Bedeutung.
Die älter werdende deutsche Gesellschaft kann es sich nicht leisten, die Potenziale von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht zu nutzen und nicht zu fördern. Sie bilden das günstigste und quantitativ das größte zu erschließende Bildungspotential, welches zurzeit in Deutschland existiert. Dabei geht es nicht nur darum, qualitativen und quantitativen Verschlechterungen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. Wichtiger ist, dass in Deutschland jede_r eine Chance auf gesellschaftliche Partizipation und Zugang zu Bildung und Arbeit erhält. Jede_r muss die Möglichkeit haben, seinen Beitrag zum Erfolg Deutschlands in der ganzen Welt zu leisten, um so den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern.
Die schulische Qualifikation gilt als „Eintrittskarte“ in das Berufsleben. Sie bestimmt maßgeblich die Möglichkeit zur Wahl eines Ausbildungsplatzes und einer Berufslaufbahn und damit auch den eigenen Beitrag zum Wohlstand und Wertschöpfung eines Landes.
Bildung
Eine gute und umfassende Bildung der Jugend ist der Schlüssel für eine erfolgreiche und moderne Gesellschaft. Sie legt das Fundament für ein weltoffendes und reiches Deutschland. Frühe Erfolge als Industrienation konnte Deutschland dadurch feiern, dass das Land eine vergleichsweise gut ausgebildete Bevölkerung besaß und sich im Wettbewerb mit anderen Nationen aufgrund dieses Qualifikationsvorteils durchsetzten konnte. Deutschland gilt als Land der Dichter_innen und Denker_innen, und alle hier lebenden Mitbürger_innen können und sollten auch darauf stolz sein. Bildung ist das größte Kapital jeder rohstoffarmen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. 
Leider begreift sich Deutschland teilweise nicht mehr als Bildungsnation, was vor allem in den statistischen Ergebnissen hinsichtlich der Bilungssituation deutlich wird. Es gibt weltweit kaum ein Land, in dem Bildungserfolg so maßgeblich von der sozialen Herkunft abhängt. Das betrifft insbesondere Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien. Von dieser, aus unserer Sicht unfairen, Entwicklung sind Menschen mit Migrationserfahrung besonders betroffen. Sie haben im Schnitt häufiger schlechtere und auch insgesamt gesehen häufiger gar keine Abschlüsse, wenn man sie mit der einheimischen Bevölkerung vergleicht. Angesichts der demografischen Entwicklung ist dieses nicht nur ein verheerendes Signal für die Betroffenenen, sondern sollte gerade denen, die am Fortbestand des Sozialstaats in seiner jetzigen Form festhalten wollen, zu denken geben. In nicht allzu ferner Zukunft ist es durchaus möglich, dass die Mehrheit der Beitragszahler_innen einen Migrationshintergrund haben könnten, da sie statistisch gesehen die jüngste und damit eine der wichtigsten arbeitsmarktrelevanten Gruppen darstellt.
Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dem beschriebenem Umstand abzuhelfen und wollen helfen, Barrieren, von denen bis heute noch viele existieren, abzubauen.
Eine ganzheitliche Bildung beginnt für uns bereits im Kleinkindalter und sollte über den Kindergarten nahtlos in den Schulen fortgesetzt werden. Als MSO ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass auch ein adäquate sprachliche Förderung junger Menschen mit Migrationsgeschichte stattfindet.
Ausbildung
Ein Großteil der bereits erwähnten schulischen Qualifikationsdefizite führt zu weiteren Problemen auf dem anschließenden Weg zu einer erfolgreichen Berufsausbildung oder einer Abschluss auf einer Hochschule. Diese Defizite und die zwangsläufig unterschiedliche Ausgangslage beim Start der Ausbildung sollten durch geeignete Maßnahmen möglichst früh ausgeglichen werden. Andernfalls wird die Integration dieser jungen Menschen in den Arbeitsmarkt enorm schwierig und vor allem wesentlich teurer. Während es unser Bestreben ist, derartige Defizite bereits in der schulischen Ausbildung gar nicht erst entstehen zu lassen, ist es uns bewusst, dass es strukturelle Probleme gibt und es zumindest mittelfristig auch weiterhin diese geben wird. Daher gilt ein guter Teil unseres Engagements insbesondere der Integration von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt. Zahllose Jugendliche konnten durch unsere Projekte in geeignete Stellen vermittelt werden oder wir haben ins Kooperation mit Unternehmern diese Stellen geschaffen. Diese Arbeit hat bundesweit Anerkennung und Auszeichnung erfahren, worauf wir sehr stolz sind.
Beruf
Abgesehen von schulischen oder ausbildungsrelevanten Problemstellungen liegt uns noch ein weiteres Thema am Herzen. Viele Menschen mit Migrationserfahrung sind durchaus qualifiziert, jedoch werden formale Qualifikationen teilweise nicht anerkannt, obwohl sie mit deutschen Standards vergleichbar sind. Dies führt dazu, dass viele gut ausgebildete Menschen Tätigkeiten nachgehen müssen, die weit unter ihren Möglichkeiten  liegen, oder gar arbeitslos sind. Es wird viel Potential verschwendet und fähige Kräfte müssen teilweise mehrere Jahre auf die vollständige und würdige Integration im deutschen Arbeitsmarkt warten. Nicht nur aus unserer Sicht, sondern auch aus der Perspektive vieler Betroffenen ist dies ein unzumutbarer Zustand, der der Gesellschaft unnötig Kosten verursacht. Wir setzen uns dafür ein, dass fremde Abschlüsse in Deutschland schneller, unbürokratischer und fair anerkannt werden. Wo dies nicht ohne weiteres möglich ist, sollten Qualifikationsprogramme eingeführt werden, welche möglicherweise vorhandene Defizite schnell ausgegleichen können.
Förderung der Muttersprache
Mehrsprachigkeit ist in Deutschland für viele Kinder mit Migrationshintergrund eine Lebensrealität und stellt einen untrennbaren Bestandteil ihrer Identität dar. Daher ist die TGS-H der Ansicht, dass ein in der Breite vorhandenes muttersprachliches Unterrichtsangebot für die Stärkung der Fähigkeiten der Kinder von großer Bedeutung ist.
Jede weitere gut beherrschte Sprache ist ein Gewinn für Deutschland und es ist nicht einzusehen, weshalb man also auf das vorhandene Sprachpotential der Migrant_innen freiwillig verzichten sollte. Die Nichtförderung muttersprachlicher Kompetenz ist weder politisch noch ökonomisch sinnvoll, da insbesondere der deutsche Waren- und Dienstleistungsverkehr auf gut ausgebildete und sprachlich kompetente Arbeitskräfte angewiesen ist. In einer global operierenden Welt muss auch die deutsche Gesellschaft global denken, um zukünftig mit Erfolg bestehen zu können.