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Wie wird man zu einer Pflegefamilie?

Die Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V. hat im Rahmen der „Aktiven Teilhabe Schleswig-Holstein“ in Zusammenarbeit mit dem türkischen Generalkonsulat in Hamburg und dem Hoffnungsstern e.V. eine Veranstaltung zum Thema „Wie wird man zu einer Pflegefamilie?“ durchgeführt. Unsere Mitbürger_innen zeigten reges Interesse an der Veranstaltung, die am 02.Februar stattfand.

Der türkische Generalkonsul in Hamburg, Herr Fatih Ak, der türkische Attaché für Religionsangelegenheiten in Hamburg, Herr Zekeriya Bülbül, der Landesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V., Herr Dr. Cebel Küçükkaraca, der Vorsitzende des Vereins Hoffnungsstern e.V., Herr Kamil Altay und die Projektleiterin Gülsüm Yalçınöz traten während der Veranstaltung als Redner_innen auf.

Der Landesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V., Herr Dr. Cebel Küçükkaraca, der die Eröffnungsrede hielt, sagte folgendes: „Der Begriff der Pflegefamilie ist unter den Migrantinnen und Migranten kein etablierter Begriff. Insbesondere unsere Kinder sind von Veränderungen in der Gesellschaft betroffen. Trotz der vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten innerhalb unserer Gesellschaft werden die Bedürfnisse, hinsichtlich der eigenen Kultur und der Religion, der Migrantenkinder nicht genügend gedeckt. Innerhalb sich verändernder Bedingungen haben wir als Verein bis heute verschiedene Projekte durchgeführt, die sich mit den Problemen von Migranten und Jungendlichen auseinander gesetzt haben. In den durchgeführten Projekten stand das Thema „Pflegefamilie“ nicht dermaßen im Vordergrund. In unserer heutigen Veranstaltung wollen wir über folgende Themen sprechen: Die Bedürfnisse, die jugendliche Migranten haben. Wie man zu einer Pflegefamilie wird. Was wir alles tun können und wie viele Kinder und Familien wir erreichen können. Ein Teil des gesellschaftlichen Beitrags ist auch das Interesse der Migranten an gesellschaftlichen Problemen. Wir, als Teil dieser Gesellschaft, müssen Sensibilität gegenüber allgemeinen Themen, wie z.B. Pflegefamilien zeigen. Wir werden alle, die sich um dieses Thema bemühen, als Verein unterstützen und an einer Zusammenarbeit mitwirken.“

Der türkische Generalkonsul in Hamburg, Herr Fatih Ak, erwähnte in seiner Rede folgendes: „Wie in jedem anderen deutschen Bundesland werden auch in Schleswig-Holstein viele türkischstämmige Kinder in Pflege genommen. Einerseits müssen wir uns in die Gesellschaft, in der wir leben, integrieren, müssen andrerseits aber unser Leben weiterführen ohne unsere Identität und Kultur zu verlieren. In Gesprächen haben uns die deutschen Zuständigen mitgeteilt, dass die Zahl der Migranten-Pflegefamilien zu niedrig und in diesem Bereich enormer Bedarf vorhanden sei. In unserer heutigen Veranstaltung möchten wir die türkische Gemeinde an ihre Verantwortung gegenüber Kindern erinnern, die aus ihren Familien entfernt wurden, und möchten aufzeigen was machbar ist für Kinder und Jugendliche, die unbemerkt die Bindung zu ihrer Kultur verloren haben. Als Konsulat sind wir bereit Familien, die mit diesen Problemen konfrontiert sind oder eine Pflegefamilie sein möchten, kostenlos zu beraten und zu begleiten.“

Der türkische Attaché für Religionsangelegenheiten in Hamburg, Herr Zekeriya Bülbül, sagte zu dem Thema: „Als unsere Menschen begannen an unterschiedlichsten Orten zu leben, haben sie je nach Bedarf verschiedene Vereine gegründet. Diese hatten zunächst einen kulturellen und einen religiösen Hintergrund, heute werden aber immer mehr sozial inhaltliche Vereine benötigt. Dieses Thema wurde zu sehr vernachlässigt. Die erste Botschaft unserer Religion: „Lerne!“, war nicht nur an den Propheten gerichtet, sondern an die Allgemeinheit. Bei dem Gedanken an Lernen, sollte man an das Lernen von der Gesellschaft und das Lernen von den Bedürfnissen der Menschen denken und sich nicht nur auf das Lernen mit dem heiligen Buch beschränken.“ Bülbül betonte zum Abschluss seiner Rede die Bedeutung in der Religion Waisen zu schützen.

Der Vorsitzende der Hoffnungsstern e.V., Herr Kamil Altay, betonte den Wert der eigenen Vereinsarbeit. Der Verein helfe Familien und Kindern, die auf die Zusammenarbeit mit Pflegefamilien angewiesen sind, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie eine Betreuung unter Beibehaltung und Pflege der Erstsprache und -kultur stattfinden könne. Jedes Jahr würden immer mehr Kinder durch Familienämter von ihren Familien entfernt und trotz Auflagen würde dies den Konsulaten nicht mitgeteilt. Altay fuhr wie folgt fort: „Zwischen 1995 und 2012 wurden 551.962 Kinder von ihren Familien entfernt. Letztes Jahr hatten 10.757 von 40.227 in Schutz genommenen Kindern einen Migrationshintergrund. Aber wie viele von diesen türkisch sind, dazu gibt es keine Zahlen. Diese Kinder werden weder Verwandten übergeben, noch werden die zuständigen Konsulate benachrichtigt. Daher liegt es nahe, dass wir eine soziale Einrichtung benötigen, die sich mit diesem Problem beschäftigt.“ In seiner Rede sprach Altay von den Erfahrungen, die bis zum jetzigen Zeitpunkt gemacht wurden, und von unbemerkten Fehlern, die dazu führen, dass Kinder von Ämtern an Pflegefamilien übergeben würden.

Die Pflegefamilien-Projektverantwortliche Gülsüm Yalçınöz hielt einen Vortrag über den Schutzauftrag des Jugendamtes und die Bedingungen und die Wichtigkeit eine Pflegefamilie zu werden.

Nach dem Vortrag endete die Veranstaltung mit der Beantwortung der Fragen der Teilnehmer_innen.