Die salafistische Bewegung in Deutschland verzeichnet seit Jahren stetigen Zuwachs. Mit ihr entstehen zunehmend mehr salafistisch geprägte Familien, der Idealvorstellung der Ideologie gemäß oft mit mehreren Kindern. Neben der klassischen De-Radikalisierungsarbeit im Phänomenfeld Salafismus stellen salafistisch geprägte Familien Beratungs-, Jugend- und Schulsozialarbeit vor neue Herausforderungen. So wird erwartet, dass eine Zusammenarbeit mit den betroffenen Eltern besonders erschwert ist, da die Familien überwiegend in geschlossenen Familiensystemen leben. Gerade mit Blick auf die Kinder stellen sich Fragen und bestehen Unsicherheiten zu spezifischen Sozialisationsbedingungen, aber auch zu rechtlichen Fragen zwischen Religionsfreiheit, Elternautonomie und Kindeswohlgefährdung. Der Grad der Isolation, aber auch andere mögliche psychosozialen Folgen für Kinder, die mit extremen Formen der salafistischen Ideologie aufwachsen, können bisher nur schwer eingeschätzt werden. Als besondere Gruppe sind zudem ehemals ausgereiste Familien, Frauen und Kinder zu bedenken, die aus den Kriegsgebieten des sog. Islamischen Staates (IS) nach Deutschland zurückkehren. Es besteht deshalb auch der Bedarf einer verstärkten Vernetzung zwischen Beratungsstellen, Schulen und Jugendämtern zum Themenfeld.
Die Fachstelle „Liberi – Aufwachsen in salafistisch geprägten Familien“ hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, zu untersuchen, welche Annahmen und Erfahrungen aus Wissenschaft und Praxis zur Situation der Kinder und zur Arbeit mit betroffenen Familien und Kindern bereits bestehen. Ziel ist es, vor allem Fachkräfte aus dem Kinder- und Jugendschutz, aus Schulen und Schulsozialarbeit sowie Beratungsstellen zum Themenfeld zu unterstützen sowie u.a. mithilfe des Netzwerkes der Beratungsstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine stärkere Vernetzung aller relevanten Akteur_innen zu gewährleisten.
Bundesweite Untersuchung des Phänomens & Erstellung von Informationsmaterialien
Um einen besseren Überblick über mögliche Herausforderungen und Bedarfe zu erlangen, führt die Fachstelle eine bundesweite Untersuchung zur Einschätzung der Situation von Kindern in salafistisch geprägten Familien im Kontext der Arbeit von Beratungsstellen zum Themenfeld durch. Ziel ist es, aus den Erkenntnissen heraus eine Übersicht sowie sich daraus ableitende Handlungsempfehlungen für Beratungsstellen, Schulen sowie für die Kinder- und Jugendarbeit zu entwickeln und bereitzustellen.
Konzepte zur Resilienzförderung
Um möglichst praktisch unterstützen zu können, werden zusätzlich Konzepte zur Resilienzförderung zusammen- und bereitgestellt. Diese berücksichtigen dabei sowohl mögliche Risiko- als auch Schutzfaktoren für die betroffenen Kinder. Von Gruppen- und Einzelangeboten zur Stärkung der Kinder profitieren nicht nur betroffene Kinder, sondern alle teilnehmenden Kinder – vor allem im Bereich Schule. So wirkt das Konzept integrativ, da es einer Stigmatisierung, Pathologisierung und Ausgrenzung der betroffenen Kinder entgegengewirkt.
Fachberatung
Ebenso können sich Fachkräfte an die Fachstelle wenden, wenn Sie Unterstützung in Form von Beratung wünschen. Im Fokus steht hierbei die konkrete Fachberatung der Kinder- und Jugendhilfe bei der Einschätzung von Fällen im entsprechenden Themenfeld. Insbesondere bei Einschätzungen von möglichen Kindeswohlgefährdungen unterstützen die Mitarbeitenden Jugendamtsmitarbeitende als Fachkräfte fürs Themenfeld und stellen Kontakte zu entsprechenden Beratungsstellen her.
Vernetzung relevanter Akteur_innen:
Übergeordnetes Ziel ist es, die Netzwerkarbeit zwischen allen beteiligten Akteur_innen zum Thema Kinder in salafistisch geprägten Familien und der Arbeit mit diesen zu stärken. Bundesweite Netzwerktreffen werden durch die Fachstelle organisiert und durchgeführt sowie bestehende Angebote bekannt gemacht.
Die Fachstelle arbeitet in enger Kooperation mit der Präventions- und Beratungsstelle gegen religiös begründeten Extremismus in Schleswig-Holstein – PROvention. Innerhalb von Schleswig-Holstein können entsprechend Fachvorträge und Fortbildungen zum Thema angeboten werden.
Die Fachstelle wird finanziert durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie das Landesdemokratiezentrum beim Landespräventionsrat Schleswig-Holstein.
Verantwortlich | Dr. Cebel Küçükkaraca |
Projektleiter | |
Projektzeitraum | 01.01.2019 - 31.12.2021 |
Standorte | Bundesweit |
Träger | Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein e.V. |
Zielgruppe | Beratungsstellen, Jugendamt, Schule, Kinder aus salafistisch geprägten Familien |
Ansprechpartner | Kim Lisa Becker, Yvonne Dabrowski, Axel Schurbohm |
Elisabethstr. 59 | |
Kiel | |
24143 | |
Telefon | 0431 73 94 926 |
Telefax | |