Urteilsverkündung zu den NSU Morden


tgshlogo.gif Heute endete der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte. Die Türkische Gemeinde in Schleswig-Holstein begrüßt die Verurteilung der Hauptangeklagten und vier weiterer Unterstützer des rechtsterroristischen NSU. Mit den bisher erfolgten Anklagen wurde vor allem aus prozesstaktischen Gründen nur ein eingeschränkter Täterkreis verfolgt, womit einerseits das hohe Strafmaß der Hauptangeklagten erreicht werden konnte, aber andererseits viele Fragen offen und ungeklärt bleiben.

Mehrere parlamentarische Untersuchungsausschüsse, umfangreiche Recherchen der Zivilgesellschaft und Presse zeichnen ein sehr viel differenzierteres Bild, als im Prozess verhandelt werden konnte. Ein Bild eines viel größeren Netzwerkes, in denen dutzende Personen rechtsextremer Organisationen – darunter auch V-Männer des Verfassungsschutzes – arbeitsteilig eine Infrastruktur für Morde und das Leben der Haupttäter im Untergrund für über ein Jahrzehnt sicherstellten. Zwei Haupttäter sind lange tot und vier weitere Personen wurden heute zunächst verurteilt. Gleichwohl stellt sich uns die Frage, warum mehr als ein halbes Jahrzehnt nach der öffentlichen Aufdeckung des NSU und trotz zahlreicher Erkenntnisse zum Helferkreis dieser Terroristen nicht noch mehr Personen angeklagt worden sind. Schließlich versprach die Bundespolitik bereits 2012 monatelang „lückenlose Aufklärung“.

Lückenlose Aufklärung ist mit dem heutigen Urteil allerdings noch lange nicht erreicht. Nach wie vor stehen viele Widersprüche im Raum, die u.a. auch im Prozess hätten aufgeklärt werden können. Gleichwohl wurden wichtigen Zeugen durch staatliche Behörden keine Aussagegenehmigungen eingeräumt, andere Zeugen verstarben zur Unzeit vor ihren Aussageterminen und ganze Aktenberge mit relevanten Informationen wurden außerplanmäßig durch Behördenvertreter_innen vernichtet. Dafür wurde niemand vor Gericht gestellt.

Der Landesvorsitzende der TGSH, Herr Dr. Cebel Küçükkaraca sagt daher: „Mit dem Prozessende heute haben wir in der Aufarbeitung des NSU lediglich ein Kapitel über den Rechtsterrorismus in Deutschland geschrieben, viele weitere müssen folgen. Kapitel, in denen wir auch alle staatlichen Akteure zur vollständigen Kooperation auffordern und alle noch lebenden Zeugen hören möchten. Schließlich ist die Aufarbeitung des NSU mehr als nur eine Geschichte schrecklicher Morde im Namen einer kranken Idee. Es ist die Geschichte, wie Deutschland mit Rassismus, Rechtsextremismus, menschenfeindlichen und lebensverachtenden Ideologien umgeht.“