Bürgerbeauftragte: Beratung zum „Corona Sozialschutz-Paket“ – Erleichterungen bei vielen sozialen Leistungen


info Das Bundeskabinett hat gestern den Entwurf eines Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) beschlossen. „Ich begrüße, dass mit den Regelungen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Bürger*innen ein wenig aufgefangen werden. Das ist notwendig, weil viele Menschen erhebliche Einkommenseinbußen erleiden oder befürchten müssen, ihre Existenzgrundlage ganz zu verlieren“, sagte die Bürgerbeauftragte des Landes, Samiah El Samadoni. Besonders Familien und Selbständige hat der Gesetzentwurf im Blick – so soll zum Beispiel der Zugang zu Leistungen der Grundsicherungssysteme und zum Kindergeld vorübergehend erleichtert werden.

Bei Hartz IV-Leistungen (SGB II) findet beispielsweise für Anträge im Zeitraum vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 keine Vermögensprüfung statt. D.h., dass es für Antragsteller*innen nicht erforderlich ist, zunächst eigenes Vermögen zu verwerten, bevor ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende entsteht. Es muss lediglich zugesichert werden, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist. Auch die tatsächliche Miete wird für diese Anträge für sechs Monat als angemessen anerkannt, selbst wenn die Kosten der Unterkunft und Heizung nach den regulären Maßstäben zu hoch wären. Eine Antragstellung kann sich damit für viele Personen lohnen, deren Einkünfte plötzlich durch die Corona-Pandemie wegbrechen. Es sollte auch geprüft werden, ob zum Beispiel Kurzarbeitergeld mit Grundsicherungsleistungen aufgestockt werden kann. Insbesondere bei Alleinerziehenden bzw. bei Personen mit geringem Einkommen z.B. wegen Teilzeittätigkeit kann sich eine Überprüfung lohnen.

Entsprechende Regelungen gelten auch in der Sozialhilfe z.B. bei den existenzsichernden Leistungen wie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII).

Für Hartz-IV und die Sozialhilfe gilt ebenfalls gleichermaßen, dass Leistungsempfänger*innen keinen Weiterbewilligungsantrag stellen müssen, wenn die aktuelle Bewilligung im Zeitraum vom 31. März und dem 31. August 2020 endet. Vielmehr wird angenommen, dass unveränderte 2
Verhältnisse bestehen und ein Weiterbewilligungsantrag wird fingiert, so dass die Leistungen auf dieser Grundlage für 12 Monate weitergezahlt werden. Besondere Regelungen sind allerdings bei bisher vorläufigen Entscheidungen zu beachten.

Beim Bezug von Kinderzuschlag gilt: Wird der höchstmögliche Kinderzuschlag (185,00 € pro Kind) bezogen und endet der Bewilligungszeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. September 2020, wird die Leistung von Amts wegen einmalig um weitere sechs Monate verlängert (§ 20 Abs. 5 BKGG).

Bei Anträgen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. September 2020 eingehen, wird auch hier eine Vermögensprüfung unterlassen. Bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens wird nur das Einkommen berücksichtigt, welches im letzten Monat vor dem Bewilligungszeitraum erzielt wurde (§ 20 Abs. 6 BKGG). Vorher wurde das erzielte Einkommen der letzten sechs Monate vor Beginn des Bewilligungszeitraumes berücksichtigt. Damit wird Familien mit geringem Einkommen unbürokratisch und kurzfristig geholfen.

Um Bürger*innen, die im Kurzarbeitergeldbezug sind, eine ergänzende Erwerbstätigkeit in sogenannten „systemrelevanten Bereichen“ zu erleichtern und hierfür Anreize zu schaffen, wird die Anrechnung von Einkommen beim Kurzarbeitergeld großzügiger ausgestaltet (§ 421c SGB III). Als systemrelevant gelten unter anderem Tätigkeiten im Medizin- und Gesundheitsbereich, aber auch in der Landwirtschaft. Wird in der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Oktober 2020 Entgelt aus einer anderen Beschäftigung in diesen Bereichen erzielt, wird dieses nicht angerechnet, sofern insgesamt nicht mehr als das alte Bruttoarbeitsentgelt erzielt wird (Änderung von § 106 Abs. 3 SGB III). Das alte Bruttoarbeitsentgelt ist dabei um das Entgelt für Mehrarbeit und um Einmalzahlungen zu vermindern.

Darüber hinaus soll Personengruppen aus systemrelevanten Bereichen - wie zum Beispiel Ärzt*innen oder Pflegekräften - die bereits im Rentenalter sind, der vorübergehende berufliche Wiedereinstieg erleichtert werden, indem neben der Rente ein deutlich höheres Arbeitsentgelt erzielt werden darf (§ 302 Abs. 8 SGB VI). Hierzu wird die Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 € auf 44.590,00 € jährlich erhöht (§ 34 Abs. 2 SGB VI i. V. m. § 302 Abs. 8 SGB VI).

In den Gemeinsamen Vorschriften zur Sozialversicherung (SGB IV) werden die Grenzen der geringfügigen Beschäftigung und geringfügigen Selbständigkeit übergangsweise erweitert. Normalerweise liegt Geringfügigkeit nur dann vor, wenn eine Tätigkeit maximal drei Monate bzw. 70 Arbeitstage im Jahr ausgeübt wird. Für die Zeit von März bis Oktober 2020 beträgt die Grenze nun fünf Monate bzw. 115 Arbeitstage. Damit soll insbesondere Engpässen in der Saisonarbeit, wie zum Beispiel bei Erntehelfern, begegnet werden. Eine Geringfügigkeit liegt aber auch weiterhin nicht vor, wenn die Einkünfte regelmäßig 450,00 € im Monat übersteigen.

Der Entwurf wird nun durch die Koalitionsfraktionen in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht und soll bereits kommenden Sonntag, den 29. März 2020, in Kraft treten.

Die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten und ihr Team beraten zu diesen Fragen gerne telefonisch von Montag bis Freitag zwischen 9 und 15 Uhr unter 0431-988 1240.

http://www.buergerbeauftragte-sh.de/